1.1 Berlin
Berlin ist, laut Statistiken, eine der sich im Moment am meisten dynamisch entwickelnden Städte Europas! Und wir stecken mittendrin!
Bei Facebook steht: „Pankow boomt“, ich habe es gleich weiter gepostet mit: „Pankow boomt, boomen wir mit?“ Darauf gab es gleich viele, viele Likes…
Pankow ist ein beliebter Stadtteil im Norden Berlins, bestehend aus mehreren Ortsteilen. Die hiesige Gesamtbevölkerung könnte man zum Beispiel mit der fast von Lublin vergleichen, meiner Heimatstadt im Osten Polens, denn beide verzeichnen ca. 400.000 Einwohner. Wenn ich also jemandem erzähle, ich würde im Stadtteil aktiv, muss ich also gleich die Ausdehnung dieses Stadtteiles in diesen Relationen mitdenken lassen.
Das Berlin von heute bietet ein Zuhause für über 3,6 Mio. Menschen. Die Stadt erreicht die Ausdehnung von ca. 30 km und ist umschlossen von einem Autobahnring und einer sanften Naturlandschaft mit kleineren reizvollen Orten, mit Misch- und Kieferwäldern, weiten Feldern, die im Mai rapsgelb werden oder dann mit roten Mohnblüten bestückt sind, hier und da wölbt sich die Landschaft zu leichten Moränenhügeln, von Flüssen sowie unzähligen Seen umgeben. Die Region war wohl für Slawische Völker in der Frühgeschichte ihr Zuhause. Das macht sie besonders sympathisch, schnell fühlt man sich hier irgendwie heimisch, zumindest als Ankömmling aus dem Osten.
Die globalisierten Autobahnen mit ihren unzähligen Kreuzen und Brücken stellen heute überall monströse Gebilde dar, die zu sanften verträumten Landschaften eigentlich nicht wirklich passen. Ohne diese Wege geht in unseren Zeiten aber gar nichts mehr…
Das heutige Berlin erinnert oft an das Berlin der 20-er und 30-er Jahre: die Aufbruchsstimmung, allgemeiner Wohlstand, reges Kulturleben, Vielfalt, Offenheit und Toleranz, die die allgemeine Attraktivität des Stadt ausmachen. Alte Fotos und schwarz-weiß Filme schildern das ja ganz gut. Diese Qualitäten waren schließlich auch für mich mal auschlaggebend, deshalb kann ich die jetzige Anziehungskraft der Metropole für die heutigen hauptsächlich jungen Neuberliner*innen gut nachvollziehen.
Die gegenwärtige Architektur der Stadt präsentiert noch viele Perlen von damals: es sind meistens gut gepflegte prächtige Fassaden der Mietshäuser, die dann häufig an den Straßen lange Reihen bilden: erstaunlich fachmännisch restauriert, behutsam renoviert, oft von zugewanderten Handwerkern. Jedes Haus behält jedoch seine Individualität. Zwischen diesen Altbauten füllen hin und wieder Häuser aus den 50-ern und 60-ern Lücken nach im Kriegt zerbombten Häusern. Eine bunte Mischung ist so im Laufe der Jahrzehnte entstanden, dazu kommen noch immer wieder neue, moderne Bauten, aus Glas und Stahl. Erstaunlicherweise finden sich immer noch irgendwelche Lücken, die Stadt wird immer dichter. Es sind auch postindustrielle Bauten, meist aus rotem Backstein, die heute für Kultur-, Sozial- Dienstleistungsprojekte oder auch für moderne Wohnzwecke neu gestaltet wurden und werden. Diese wirken richtig beeindruckend, denn man kann ja nicht ahnen, was sich in ihnen heute alles verbirgt. Gerade auf diese war ich schon immer neugierig! Sie zeugen von prächtigen Zeiten der weltführenden Industrie sowie der gesamten Stadtentwicklung. Borsig, Siemens sowie Schering gehörten zu namhaften Persönlichkeiten, ja sogar weltweit. Gewerbehöfe, Umspannwerke und Industrieareale prägen auch heute noch das besondere Berliner Flair. Ja, die Stadt befindet sich in ihrer fast völligen Umwandlung. Heute spricht man von 8% der Industrie in Berlin. Das Berliner Zentrum für Industriekultur möchte dieses Potenzial mehr ins Bewusstsein rücken.
An dieser Stelle müssten noch Hinterhöfe der Mietshäuser von früher genannt werden, die kleingewerblich geprägt waren und auch noch ländliche Strukturen in sich bargen: Hühnerställe und Kartoffelbeete, oder so. Und wie lebenswichtig waren sie mal für die Stadtbewohner! Heute gibt es einige innerstädtische Bauernhöfe, die vor allem Kindern das Landleben nahe bringen sollen, z.B. Lübars oder die Domäne Dahlem. Diese Inseln der Großstadt werden von kleinen und großen Stadtbewohnern sehr gern angenommen. Auch kleine Firmen oder Kleinbetriebe finden in oft mehreren Hinterhöfen bis heute ihr Zuhause.
Die Blogautorin ist in Polen geboren, Germanistin, Sprachdozentin, Übersetzerin sowie Initiatorin des SprachCafés Polnisch als Modellkonzeptes lokaler sozialer Initiativen: www.sprachcafe-polnisch.org. Nach Studienjahren in Leipzig zog sie 1990 nach Berlin. Seit 2000 lebt sie mit ihrer Familie zusammen im grünen Norden der Großstadt, in Pankow. Gerade hier entdeckte sie ihre Vorliebe zur Fotografie sowie zu anderen visuellen Formen neu. In ihrem kreativen Alltag wird sie auch vom dichterischen und erzählerischen Wort begleitet. Beide Sprachen betrachtet sie als Inspiration füreinander. „Begegnungen sind wichtig“ heißt das Motto der vielen gelebten Jahre in anregender Vielfalt der Kulturen, Sprachen und Generationen. https://agakoch.wordpress.com/ Dieser Blog ist eine Ankündigung einer umfangreicheren Publikation. Austausch hierzu, Ideen und neue Anregungen sind gern willkommen: a.koch@sprachcafe-polnisch.org.